Während sich das Wirken der VL vor allem in den Beständen einiger ostdeutschen Archive verstreut niederschlug, lassen sich die diese Splitter schwerlich zu einem umfassenden, differenzierten Bild zusammenführen. Wie bei vielen anderen Organisationen, die in der zweiten Jahreshälfte 1989 zu sich fanden, verblieb auch mit Blick auf die Vereinigte Linken ein Großteil der Überlieferungen zunächst in privaten Sammlungen. Gemeinsam mit Zeitzeug*innen trägt das herbst89onlinearchiv Dokumente der Vereinigten Linken zusammen, versucht ihre Kritik, ihre Ansätze, ihre Diskussionen um soziale, politische, ökonomische und nicht zuletzt auch ökologische Alternativen sichtbar zu machen. Die hier präsentierten Manuskripte, Protokolle, Rede, Plakate uvm. bieten dabei zugleich Einblicke in entstehende, bleibende, aber auch sich verändernde Inhalte und Positionen einer nicht selten humorvollen Vereinigung von Kritiker*innen.
Etwas fehlt …
Unabhängig von ihrem Anspruch, Vergangenheit möglichst umfassend und in unterschiedlichsten medialen Formen zu erhalten, bleiben archivalische Sammlungen notwendig unvollständig, der durch sie eröffnete Blick zwangsläufig beschränkt. Was bislang über die Vereinigte Linke in verschiedenen Archiven zusammengetragen wurde, ist in hohem Maße vom Archivauftrag beziehungsweise dem selbst gewählten Archivierungsschwerpunkt geprägt. Während sich zum Beispiel nicht wenige Stadtarchive nach 1990 auch den Überlieferungen der Transformationszeit widmeten, zumindest Protokolle lokaler Runder Tische bewahrten, finden sich dort nur selten explizite Sammlungen gerade zu kleineren Organisationen aus dem Herbst 1989. Die Bestände des Bundesarchivs enthalten dagegen zwar deutlich mehr Material auch zur Vereinigten Linken, doch auch dieses weist einen auffälligen blinden Fleck auf. … weiterlesen …
Erinnerung braucht Langzeitarchivierung
So wenig die in jüngster Zeit vermehrten Bezugnahmen auf die Proteste im Herbst 1989 und insbesondere die gesellschaftlichen Transformationen im Jahr darauf überraschen können, ist dabei doch kaum zu übersehen, wie selten diese Anrufungen über den Modus des Schlagwortes hinauszugehen vermögen. Erinnerung schafft – auch dies ist kaum mehr als ein Gemeinplatz – Vergangenheit nach ihrem Bilde. Stellt sie entsprechend notwendig eine Momentaufnahme dar, bleibt sie gleichsam an das Veto der bekannten Quelle gebunden. Plausibel kann über Vergangenes letztlich nur dasjenige geäußert werden, das diesem Einspruch standzuhalten vermag. … weiterlesen …
Partizipation gestalten
Überstanden Unterlagen der Vereinigten Linken offenbar vor allem im Gefolge privaten und Erinnerungsinteresses, bildet dieser Umstand zugleich eine Herausforderung für die Gestaltung eines breiten Zugriffs auf diese Sammlungen : In privaten Sammlungen herrscht – nachdem sich Staub darauf gelegt hat – nicht immer eine bewusst geschaffene Ordnung. Vielmehr folgt sie zumeist dem Zeitpunkt der Ablage und den Zwischenergebnissen einer letzten Sichtung. Sollen die zusammengetragenen Flugblätter, Manuskripte, Zeitungen, Protokolle usw. jedoch zugänglich gemacht werden, bedarf es auch eines Mehr an Struktur.